Kalt erwischt
Liebe Leserin, lieber Leser,
„Kannst du mal schauen, was da los ist?“
Immer wenn mein Vater so anfängt, ahne ich zumindest, was los ist – sein PC macht Probleme.
Dass es diesmal ein besonders schwerer Fall werden könnte, ahnte wiederum er selbst.
Sein PC war über Nacht versehentlich angeschaltet geblieben.
Nach dem Ausschalten am nächsten Morgen fuhr er nicht mehr hoch.
Der Bildschirm blieb kurz nach dem Starten einfach schwarz.
Da wir in der Redaktion öfter mit solchen Fällen zu tun haben,
lautete mein Erste-Hilfe-Rat: den PC eine Viertelstunde ausgeschaltet lassen,
und ihn erst dann wieder neu starten.
Beim nächsten Telefonat zwanzig Minuten später erfuhr ich,
dass das nichts gebracht hatte.
Also ab in die nächste Runde:
„Schalte das Gerät ab, indem du die Starttaste ein paar Sekunden drückst.
Zieh anschließend bitte alle Kabel, nicht nur das Stromkabel, sondern wirklich alle.
Jetzt wartest du eine ganze Stunde vor dem Neustart.“
Das Ergebnis blieb leider gleich: ein schwarzer Bildschirm.
Damit war klar, dass es komplizierter werden könnte.
Die Möglichkeiten der telefonischen Diagnose waren an dieser Stelle bereits erschöpft.
Der Patient musste zu mir. Zwei Tage später hatte ich einen defekten,
älteren Medion-PC vor mir und einen übel gelaunten älteren PC-Besitzer mit schlechtem Gewissen.
Denn meine Frage, ob er eine aktuelle Sicherung von der Festplatte besäße, musste mein Vater mit einem „Nein“ beantworten.
Wobei er nicht „Nein“ sagte, sondern in leicht entnervtem Ton meinte:
„Ja ich weiß es ja, das hätte ich wohl machen müssen“.
Klar weiß er das, denn er liest regelmäßig meine Beiträge für PC-Wissen für Senioren Korrektur.
Und lang ist es nicht her, dass wir berichtet haben, wie sich Sicherungen am besten durchführen lassen.
Doch was soll’s. Jetzt ging es darum, den PC wieder zum Leben zu erwecken.
Zuerst startete ich den PC erneut und klinkte mich in das BIOS ein – die Software also,
die alle PC-Komponenten in Betrieb nimmt,
bevor Windows starten kann.
Immerhin erbrachte das eine gute Nachricht:
Das System erkannte die Festplatte und gab ihre Größe korrekt an.
Daraufhin startete ich den PC erneut, diesmal mit einer Notfall-CD. Doch die funktionierte nur bedingt –
an einer bestimmten Stelle stürzte der PC ab, auch bei weiteren Versuchen.
Spätestens jetzt wurde meinem inzwischen leicht erbleichten Vater bewusst,
dass es wohl eine schlechte Idee war, in letzter Zeit keine PC-Sicherungen mehr angelegt zu haben.
Jetzt fielen ihm diverse Dinge ein, auf die er keinen Zugriff mehr haben würde,
wenn wir den PC nicht mehr zum Laufen brächten:
Fotos vom letzten Familienfest, eine schon fertige Einladung für den Fotoclub,
Bestellungen und mehr.
Ich verzichtete darauf, den Spruch anzubringen, den EDV-Fachleute in solchen Momenten loswerden:
„Daten sichern lernt man erst bei Datenverlust“.
Da ist viel Wahres dran und fast jeden hat es schon einmal getroffen –
viele PC-Anwender sind erst bereit, die „Mühen“ der Datensicherung auf sich zu nehmen,
wenn wichtige Daten unwiderruflich verloren gingen.
Noch kann ich Ihnen nicht verraten, wie die Geschichte ausging:
Mein nächster Schritt wird sein, die Festplatte auszubauen und an einem anderen PC anzuschließen.
Falls ich Zugriff darauf bekomme,
werde ich sofort alle Daten kopieren, derer ich habhaft werden kann: Bilder, Texte,
E-Mails und so weiter. Danach wird entschieden, wie es weiter geht.
Und meinen Vater habe ich gebeten, sich schnell zu überlegen, ob er sich nicht einen neuen PC kaufen möchte.
Sein jetziger ist acht Jahre alt und geht ins neunte – ein durchaus stolzes Alter in der schnelllebigen Computerzeit.
Nach kurzem Protest kam nur der Kommentar:
„Aber dann mit Windows 8, oder?“
Genau. Und hoffentlich kann ich ihm seine bisherigen Daten auf dem nächsten Gerät verfügbar machen.
Das wäre doch ein nachträglich guter Start ins neue Jahr! (wsc)
Mit den besten Grüßen aus unserer Redaktion
Dr. Wolfgang Scheide (wsc)
Dipl.-Ing.(FH) Markus Hahner (mha)
Grüße
sunny78